(ip/RVR) Das Landgericht Bonn entschied kürzlich über die Möglichkeit einer “Berliner Räumung“ aus einem Zuschlagsbeschluss.

Vorliegend ist die Beschwerdeführerin infolge Zuschlagsbeschlusses im Zwangsversteigerungsverfahren Eigentümerin der Immobilie der Schuldner geworden.

Das Landgericht wies die zulässige Beschwerde dieser als unbegründet zurück.

In den Gründen führt das Landgericht aus, dass in der Zwangsvollstreckung unbeweglicher Sachen, bewegliche Sachen die nicht Gegenstand der Vollstreckung sind, nach § 885 Abs. 2 ZPO vom Gerichtsvollzieher wegzuschaffen sind bzw. dem Schuldner zu übergeben bzw. in dessen Abwesenheit die Sachen auf Kosten des Schuldners im Pfandlokal bzw. anderweitig zu verwahren. Aus § 885 ZPO ergibt sich nicht, dass der Gläubiger durch den Gerichtsvollzieher in den Besitz an dem Grundstück eingewiesen wird, „ohne die beweglichen Sachen vorher wegzuschaffen, so dass der Besitz auch an diesen Sachen auf den Gläubiger übergeht und der Schuldner seine tatsächliche Verfügungsgewalt darüber verliert.“ Lediglich für den Vermieter ergibt aus § 562b Abs. 1 Satz 1 BGB ein Vermieterpfandrecht, dass ihn berechtigt, die Entfernung der Sachen zu verhindern. Diesen hat der Gerichtsvollzieher, nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs, folge zu leisten, ohne vorher zu prüfen, ob und an welchen Sachen das Vermieterpfandrecht besteht.

Im zu entscheidenden Fall verlangen die Beschwerdeführer infolge des Zuschlagsbeschlusses die Herausgabe der Immobilie an sie als Gläubiger. Sie sind der Auffassung die Regelungen des Vermieterpfandrechts seien, infolge vergleichbarer Interessenlage und Regelungslücke, analog anzuwenden. Diese Auffassung wird vom Landgericht nicht bestätigt. Der Zuschlagsbeschluss bezieht sich nicht auf die in der Immobilie befindlichen beweglichen Sachen des Schuldners. So dass es für den Gerichtsvollzieher keinen Handlungsbedarf gibt, die Vollstreckung entgegen $ 885 ZPO durchzuführen „und die beweglichen Sachen, statt sie aus dem Haus zu entfernen, dort zu belassen und damit dem Besitz der Schuldner“ zu entziehen. Hier ist der Gerichtsvollzieher berechtigt einen derartigen Vollstreckungsauftrag, mangels Rechtsgrundlage, ab zu lehnen.

Den weiteren Gründen ist zu entnehmen, dass dem Ersteher an den beweglichen Sachen des Schuldners in der Immobilie kein Pfandrecht zusteht. Eine Analogie des Vermieterpfandrechts ist nicht möglich. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt nicht vor, da die Ersteher und der Schuldner miteinander nicht durch einen Vertrag verbunden sind. „Das Grundstück ist weder den Schuldnern „überlassen“, noch sind die Eigentümer „vorleistungspflichtig“.“ Vielmehr sind die Schuldner unberechtigte Nutzer einer Immobilie.
Ebenso ergibt sich aus dem Titel selbst, dass es sich nicht um ein Mietverhältnis handelt.

Vorliegend sind die Ausführungen der Beschwerdeführer „in sich widersprüchlich und zudem rechtsmissbräuchlich, weil sie die begehrte „Berliner Räumung“ argumentativ auf ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht stützen, das sie aber gar nicht geltend machen wollen.“ Vielmehr geht es ihnen durch Umgehung der Vollstreckungsvorschriften um eine einfachere und kostengünstigere Vollstreckung.
Zum einen wird ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht von ihnen nicht behauptet, zum anderen sollte die von ihnen beauftragte Spedition auf Verlangen des Schuldners Inventargegenstände frei geben.

Abschließend führt das Landgericht aus, dass es im Ermessen des Gerichtsvollziehers liegt, welche Spedition beauftragt wird. Auch ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Speditionskosten des von ihm beauftragten Unternehmens unangemessen hoch sind.


LG Bonn vom 29.04.2010, Az. 6 T 107/10


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